Verhalten in der Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft – Wichtige Hinweise und Verhaltenstipps.

Die Untersuchungshaft stellt eines der schärfsten Schwerter des Rechtsstaates dar. Sie führt zu einer Inhaftierung nicht oder nicht rechtskräftig verurteilter Personen. Entgegen einer häufig anzutreffenden Meinung dient die Untersuchungshaft nicht der Bestrafung des Täters im Sinne einer Freiheitsstrafe. Vielmehr soll sie ein staatliches Strafverfahren gewährleisen und eine spätere Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßnahme sichern. Wenn Sie also das nächste Mal in den Medien von einer Person hören, die sich in Untersuchungshaft befindet, denken sie daran: der oder die Inhaftierte wurde noch nicht rechtskräftig verurteilt. Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung gilt die Unschuldsvermutung.

Die folgenden Hinweise geben Ihnen einen Überblick über die Untersuchungshaft. Auch zeigen wir Ihnen auf, was Sie beachten müssen, wenn Sie inhaftiert werden.


I. Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Gem. § 112 Strafprozessordnung (StPO) darf die Untersuchungshaft gegen einen Beschuldigten dann angeordnet werden, wenn dringender Tatverdacht besteht, ein Haftgrund gegeben ist und die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Als Haftgründe kommen in Betracht: Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr, Straftaten der Schwerkriminalität und Wiederholungsgefahr.

II. Dauer der Untersuchungshaft

Personen, die sich in Untersuchungshaft befinden, haben einen Anspruch auf beschleunigte Aburteilung ihres Verfahrens. Dennoch gibt es keine gesetzlich normierte Höchstgrenze für die Dauer der Untersuchungshaft. Wenn sechs Monate überschritten werden, entscheidet das zuständige Oberlandesgericht über eine weitere Fortdauer. Nur wenn man die Untersuchungshaft auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr stützt, gilt eine Höchstgrenze von einem Jahr. Grundsätzlich ist eine erlittene Untersuchungshaft auf eine spätere Freiheits- oder Geldstrafe anzurechnen. Im Fall der Freiheitsentziehung im Ausland bestimmt das Gericht den Anrechnungsmaßstab und rechnet die Untersuchungshaft ggf. mit einem höheren Faktor an. Zurückzuführen ist dies auf die teilweise erheblich schlechteren Haftbedingungen in ausländischen Gefängnissen.

III. Kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt

Als Beschuldigter haben Sie in jedem Stadium des Verfahrens das Recht, einen Verteidiger zu konsultieren. Dieses Recht sollten Sie so früh wie möglich wahrnehmen und einen erfahrenen Strafverteidiger kontaktieren. Außerhalb der Öffnungszeiten oder in Notfällen sind wir 24 Stunden am Tag über unsere Notfallnummer zu erreichen.

Rechtsanwalt Michael Haizmann: +49 171 3673808
Rechtsanwalt Johannes Büttner: +49 176 23522267

Alternativ kann auch ein Bekannter oder ein Familienmitglied einen Rechtsanwalt kontaktieren. Der Kontakt mit Angehörigen oder Vertrauenspersonen muss Ihnen grundsätzlich gestattet werden.
Spätestens ab Vollstreckung der Untersuchungshaft ordnet das Gericht jedem Beschuldigten, der noch keinen anwaltlichen Beistand hat, einen Pflichtverteidiger bei. Wichtiger Hinweis: aufgrund der EU-Richtlinie 2016/1919 vom 26.10.2016 wurde dieser Zeitpunkt vorverlagert. So ist es nun in bestimmten Konstellationen möglich, dass einem Beschuldigten bereits im Zeitpunkt der vorläufigen Festnahme und damit vor der ersten Vernehmung ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist.

Bedenken Sie, dass ein versierter Strafverteidiger die nötigen Schritte kennt, um Sie im Rahmen der Untersuchungshaft optimal zu vertreten. Während der Untersuchungshaft hat der Beschuldigte einen Anspruch auf schriftlichen und mündlichen Kontakt mit seinem Verteidiger. Eine Kontrolle ist dabei nur in wenigen Ausnahmefällen gestattet.

IV. Machen Sie keine Aussage

Die Untersuchungshaft reißt Betroffene aus Ihrem gewohnten Lebensumfeld. Inhaftierte versuchen daher nicht selten, die Haft abzuwenden, indem sie den Ermittlungsbehörden bereitwillig Auskünfte erteilen. Hiervon kann allerdings nur abgeraten werden! Eine einmal getroffene Aussage kann und wird im späteren Verfahren gegen Sie verwendet. Daher gilt: machen Sie weder bei der Verhaftung, noch im Rahmen der Untersuchungshaft eine Aussage! Sprechen Sie weder mit den Beamten, noch mit Mitinhaftierten über Ihren Fall. Machen Sie nur Angaben zu Ihrer Person,  da Sie sonst möglicherweise eine Ordnungswidrigkeit nach § 111 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) begehen.
Lassen Sie sich nicht in einen scheinbar belanglosen „Smalltalk“ mit den Ermittlungsbeamten verwickeln. Auch sollten Sie sich nicht von etwaigen Versprechungen wie Haftlockerungen oder gar einer Aufhebung der Untersuchungshaft zu einer Aussage verleiten lassen. Bestehen Sie vielmehr darauf, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren. Sofern eine Aussage in Ihrem konkreten Fall Sinn macht, kann diese nach Rücksprache mit Ihrem Strafverteidiger auch in einem späteren Verfahrensstadium erfolgen.

V. Entschädigung für die Untersuchungshaft

Falls der Beschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens durch den Richter abgelehnt oder das Verfahren eingestellt wird, können Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz (StrEG) bestehen. Grundsätzlich ist dem zu Unrecht Inhaftierten ein verursachter Vermögensschaden zu ersetzen. Zusätzlich besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 25 € für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung. Wenn Sie eine Entschädigung begehren, sollte sich ein erfahrener Strafverteidiger um die Geltendmachung der Ansprüche kümmern. Im Falle einer Verurteilung erhalten Sie dagegen keinen Schadensersatz. Möglich ist allerdings die bereits angesprochene Anrechnung der Untersuchungshaft auf eine spätere Freiheits- oder Geldstrafe.